Grenache in der Fremde

Dezember 2022
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Manchmal kann man die Irrtümer, die sich Wikipedia in nur wenigen Sätzen leistet, nicht mal mehr an den Fingern einer Hand abzählen. Das gilt auch für den Eintrag unter dem Stichwort „Tocai rosso“: „Die (so steht’s da, d. Red.) Name Tocai Rosso ist eine andere Bezeichnung für die autochthone Rotweinsorte Grenache. Ihr Anbau ist in der Provinz Vicenza empfohlen und in den Provinzen Treviso und Venedig (alle in der Region Venetien) zugelassen. In der Anbaugegend wird häufig berichtet, die Sorte sei im 18. Jahrhundert zur Zeit von Maria Theresia von Ungarn nach Venetien gekommen.“

Schon der Name „Tocai rosso“ ist falsch oder zumindest nicht mehr zeitgemäß, seit die Ungarn es erreicht haben, dass alle „Tocais“ im Weltweinbau umbenannt werden mussten: der „Pinot gris“ im Elsass, der weiße „Friulano“ im Friaul und eben auch der „Tai rosso“, so der richtige Name, in der Region Venetien. Dass die Grenache alias Garnacha, für die „Tai“ nur ein Synonym ist, glaubt man dem großen Rebsortenkompendium von Robinson und Vuilllamoz, vielleicht gar nicht aus Spanien, vor allem aber nicht aus Ungarn stammt, sondern zuerst auf Sardinien auftauchte, haben wir schon vor einigen Jahren in enos dokumentiert – was sie dann immer noch nicht zu einer authochtonen Sorte Venetiens macht.

(Foto: E. Supp)

Für die Provinz Vicenza, insbesondere für deren außerhalb der Region doch recht unbekanntes Anbaugebiet der Colli Berici könnte sich dieser „Tai rosso“ allerdings durchaus als Gewinn erweisen. In einer Zeit und auf einem Markt, in denen Winzer und Weinbauverbände um Profil und Alleinstellungsmerkmale ringen, hat eine Sorte mit eigenem Namen, wenn sie auch noch zu ansprechendem Wein vinifiziert wird, durchaus Chancen.

Die kleine Auswahl „Tai rosso“, die wir im Anschluss an eine Reise nach Vicenza (s. den Artikel in diesem Heft) verkosten konnten, hat dieses Potenzial unterstrichen, auch wenn stark divergierende Stilistiken – von Rosé bis zum kräftigen Roten war alles dabei – wie auch die Tatsache, dass der beste Erzeuger der Colli Berici, das Haus Inama aus dem benachbarten Soave-Gebiet, gar keinen „Tai rosso“ im Angebot hat, zeigen, dass in der Appellation noch Luft nach oben ist.


Unsere Top 5

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Dal Maso (Montebello) – Colli Berici Tai rosso Monte Mitoria 2021
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Piovene Porto Godi Alessandro S.s. (Villaga) – Colli Berici Tai rosso Thovara 2020
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Monte San Giorgio (Cervarese Santa Croce) – Colli Berici Tai rosso 2021
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Piovene Porto Godi Alessandro S.s. (Villaga) – Colli Berici Tai rosso Vigneto Riveselle 2021
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Dal Maso (Montebello) – Colli Berici Tai rosso Monte Mitoria 2018
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