Die Zeiten, in denen die Piemonteser Rotweinsorte Barbera noch auf dem letzten flussnahen Rübenacker "kultiviert" und dann in der Regel zu untrinkbarer Plörre verarbeitet wurde, sind dank dem verstorbenen Giacomo Bologna und Starwinzer Angelo Gaja schon lange vorbei. Seit vier Jahrzehten, um genau zu sein. Vorbei sind aber wohl auch die Zeiten, in denen jeder versuchte, mit extremer Mengenbegrenzung und massivem Ausbau der Weine in neuen Holzfässern aus ihr Weine zu keltern, die den zwei Großen der Region, Barolo und Barbaresco, Konkurrenz machen konnten oder zumindest wollten. Die Barbera, wie die Italiener sagen - das Feminine ist vielleicht Programm -, hat ihr Profil gefunden: fruchtig und würzig in den Aromen, dicht, aber nicht kantig am Gaumen, mit guter Länge und auch recht guter Alterungsfähigkeit, was jeder bestätigen kann, der einmal in jüngerer Zeit einen Bricco dell'Uccellone von Bologna oder einen Larigi von Altare aus den 1980er Jahren getrunken hat.
Genannter Bricco dell'Uccellone war zwar zu unseren Verkostungen im Frühsommer nicht angestellt worden, dafür aber hatte Raffaella Bologna drei andere Weine geschickt, und der Larigi von Altare zeigte sich auf ebenso exzellentem Niveau wie von früher gewohnt. Erstaunlich war bei unseren Verkostungen von Weinen der Jahrgänge 2013 - 2019 die sehr hohe Durchschnittsbewertung, wobei unter den Jahrgängen, von denen eine größere Zahl zur Beurteilung stand, vor allem die 2016er herausragten. Dicht gefolgt allerdings von den 2017ern.
Auch, was das Preisgefüge angeht, gab es positive Überraschungen. Das Weine wie der Bricco della Bigotta oder der bereits erwähnte Larigi nicht unter 50 Euro zu haben sind, ist bekannt. Aber unter den besten unserer Probe waren auch Flaschen zu durchaus moderaten Preisen unter 20 Euro. Lecker, halt. In jeder Hinsicht.