Die 111 ist für Liebhaber klassischer Musik eine fast magische Zahl. Es ist die Werkverzeichnis-Nummer der 32. und letzten Klaviersonate Beethovens, vielleicht der letzten "klassischen" überhaupt, einer mit Ewigkeits-Charakter, die vor allem in den synkopischen, aufregenden Passagen weit über ihre Zeit hinaus, bis hin zum Jazz des 20. Jahrhunderts weist. In Thomas Manns Doktor Faustus hinterließ sie auch literarische Spuren in Gestalt einer Widmung an Theodor ("Grüner Wiesengrund") Adorno, dem wohl die musiktheoretischen Passagen des Mann'schen Werks geschuldet waren. 111 war dann auch – reiner Zufall natürlich – die Zahl der Proben, die wir beim diesjährigen großen Verkostungstreffen der "Österreichischen Traditionsweingüter" (ÖTW) genießen konnten, einem Treffen, das nicht nur ob der hohen Qualität der angestellten Muster, sondern vor allem wegen des mit der Veranstaltung verknüpften Projekts einer gesamtösterreichischen Lagenklassifikation in gewissem Sinne Ewigkeits-Charakter hatte.

Nun, einen solchen Ewigkeitscharakter können die verkosteten und hier vorgestellten Weine vielleicht nicht für sich reklamieren, obwohl die besten sicher Jahre und Jahrzehte reifen werden. Aber sie boten in den Verkostungen auf Grafenegg ein sehr geschlossenes, qualitativ hochwertiges Bild, das Eindrücke aus vergangenen Jahren bestätigte. Für enos war die Auswertung der Grafenegger Verkostungen eine gute Gelegenheit, einmal die Ratings seit 19990 zusammenzutragen und sozusagen eine eigene, natürlich rein völlig unvollständige und den strengen Anforderungen der ÖTW, über die wir berichten werden, nicht im Ansatz genügenden Skizze des Lagenpotenzials in Kamp- und Kremstal zu zeichnen. Die besten Weine kamen dabei für uns über die Jahrzehnte aus folgenden Lagen:
- Lamm (mit deutlichem Abstand für absolute Spitzenbewertungen und Konsistenz)
- Käferberg
- Heiligenstein (ein wenig durch schwächere Muster beeinträchtigt, ähnlich der Problematik im burgundischen Clos de Vougeot)
- Renner
- Gaisberg
- Loiserberg
- Wachtberg
- Gebling
- Pfaffenberg
Da darf man dann schon jetzt gespannt sein, welche dieser Lagen es nach Abschluss des komplexen und komplizierten Bewertungsprogramms wirklich in die Kategorie der "Grands Crus" schaffen können.