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Deutschland, Franken, Würzburg, Weinberge Würzburger Stein

Neues Franken

Zugegeben: Wir haben Franken lange Zeit wirklich sehr stiefmütterlich behandelt, und das, obwohl natürlich immer wieder fränkische Weine in unseren verschiedenen Rubriken auftauchten, wie unserem Weinarchiv unter dem Stichwort Franken zu entnehmen ist. Lange Zeit, das heißt genau seit 1999, denn das war das Jahr unseres letzten großen Verkostungsreports fränkischer Weine. In die elf Jahre, die seither verstrichen sind, fiel nicht nur die schwerste Absatzkrise der Region, nicht nur ein zeitweise überdeutlicher Qualitätsverfall, der mit der Produktion riesiger, in der Konsequenz unverkäuflicher Mengen einherging, sondern direkt danach auch ein beachtlicher und viel beachteter qualitativer Aufschwung, der in den letzten Jahren die gesamte Region erfasst hat. Zeit also, endlich wieder einmal der fränkischen Weinproduktion in einer großen, umfassenden Verkostung den Spiegel vorzuhalten!

Selbst Weinfreunde, denen Franken kein Begriff ist, kennen seine berühmteste Einzellage, den Würzburger Stein (Fotos: E. Supp)

Gesagt, getan, und die Tatsache, dass der fränkische Weinbauverband Hamburg seit kurzem als prioritäres Ziel seiner Marketinganstrengungen auserkoren hat, hat sicher dazu beigetragen, dass wir mit unserer Bitte, uns eine Blindverkostung der wichtigsten Rebsorten zusammenzustellen, auf offene Ohren stießen. Eine Blindverkostung, die wir durch Kostnotizen ergänzten, die bei anderen Gelegenheiten in diesem Jahr entstanden, und die bis auf ganz wenige Ausnahmen alles versammelte, was in dieser Region Rang und Namen hat.

Wichtigste Sorten, das sind für uns nicht die in Franken meist kultivierten Sorten, sondern die, mit denen die Region in unseren Augen die größten Erfolgsaussichten auf den Märkten außerhalb des Dunstkreises von Würzburg, Schweinfurt und Kitzingen hat. Natürlich musste da der Silvaner ganz obenan stehen, gefolgt vom Riesling, obwohl der natürlich gegenüber den großen Rieslingen von Rhein und Mosel doch an einem gewissen Standortnachteil leidet. Und auch der Spätburgunder durfte nicht fehlen, obwohl wir nach getaner Arbeit feststellen mussten, dass Franken auf dem Feld der Rotweine den wohl größten Nachholbedarf hat. Auch wenn es vielleicht überheblich klingt, aber so manches Mal hatte man bei der Verkostung den Eindruck, dass den fränkischen Winzern mit ganz wenigen Ausnahmen die Vergleichsmöglichkeiten oder sogar der Vergleichswille mit den großen Rotweinen der Welt fehlt. Wirklich überrascht hat uns dagegen der Weißburgunder, eine Sorte, die in Franken ein ideales Terroir gefunden zu haben scheint und auch auf den internationalen Märkten ein Trumpf im Ärmel sein könnte.

Auch im Weinbau gilt: There's no business like show business! Das glaubt man zumindest bei der örtlichen Genossenschaft in Sommerach.

Neben den von uns "bestellten" drei Sorten hatten die Betriebe noch die Möglichkeit, einen in ihren Augen besonders gelungenen Vertreter aus anderen Sorten sowie einen edelsüßen Wein anzustellen, um das Bild abzurunden.

Das Ergebnis unserer Verkostungen bedarf kaum eines Kommentars: Es zeigt, dass Franken längst wieder Anschluss an die Qualitätselite des deutschen Weinbaus gefunden hat. Besonders erfreulich: Unter den besten Erzeugern finden sich nicht nur die "üblichen Verdächtigen", die Renommierbetriebe, die oft auch Mitglieder des VDP sind. Auch Betriebe, von denen wir zuvor nie gehört hatten und sogar einige der regionalen Genossenschaften glänzten mit hervorragenden Weinen. Bleibt die Aufgabe, diese Qualität zu stabilisieren, die Rotweine auf das Niveau der Weißen zu heben und dafür zu sorgen, dass das Renommee der Region wieder so weit hergestellt wird, dass ihre Spitzenweine auch zu Spitzenpreisen verkauft werden können.

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