Wenn man vor ein, zwei Jahrzehnten junge Riberas kritisierte, dass sie zu reduktiv waren und unangenehm vegetale Aromen zeigten, erntete man bei Weinmachern, Weinbaufunktionären und auch vielen Weinkritikern im besten Falle nur verständnisloses Kopfschütteln. Inzwischen sehen die Weinmacher und sogar die offiziellen Vertreter des örtlichen Weinbauverbands die Sache entspannter. Klar, gibt man zu, das war lange ein großes Problem. Aber inzwischen haben wir es gelernt, die Gärführung so zu verändern, dass das Phänomen kaum noch auftritt.
Und nicht nur das! Die mehr als fünf Dutzend Weine, die wir im vergangenen Herbst im spektakulären Monumentalbau verkosten konnten, der seit einiger Zeit Heimat des Ribera-Kontrollrats ist, waren nicht nur zum größten Teil reintönig und fehlerfrei, sondern entfalteten auch überzeugende aromatische Vielschichtigkeit im Duft und gute geschmackliche Balance zwischen Dichte, Kraft einerseits, Eleganz und Ausdruck andererseits. Unter ihnen der bislang einzige Rote des Gebiets, dem wir das Attribut „Traumwein“ verliehen und der nicht den Namen „Vega Sicilia Único“ trug.

Damit sind wir aber auch bei der großen Schwäche der Weine dieser und vieler anderer spanischer Appellationen: Das Image der wenigen Kultweine, der Weinikonen, wird vom Verbraucher noch allzu oft nicht mit dem der Appellation assoziiert – ein Imagetransfer findet nicht oder kaum statt. Und noch ein Tipp für die Sammler unter den Weinfreunden: In zahlreichen Fällen sind die „normalen“ Jahrgangsweine der Kellereien so gut, dass man sich getrost die teureren gereiften Reserva- oder Gran-Reserva-Qualitäten sparen, die Weine jung kaufen und selbst im Keller reifen lassen kann.