Ein Überflieger-Jahrgang. Mindestens der beste des Jahrzehnts, wenn nicht des Jahrhunderts. So wurde der Bordeaux-Jahrgang 2015 in den letzten Jahren immer wieder angepriesen. Und das trotz der Tatsache, dass weder das Jahrzehnt, noch das Jahrhundert abschließend bewertet werden können. Logisch! Die Präsentation der Union des Grands Crus anlässlich der jüngsten ProWein in Düsseldorf bot jetzt Gelegenheit, eine große Zahl Weine von beiden Ufern der Gironde einmal sorgfältig "unter die Lupe" zu nehmen. Und siehe da, es waren wirklich schöne Vertreter dabei, einige sehr schöne sogar. Aber von einem Jahrhundertjahrgang zu sprechen, erscheint uns nicht nur aus Datumsgründen unangebracht. Auch die Qualität der präsentierten Weine war deutlich ungleichmäßiger als im Jahrgang 2010, der unseres Erachtens ob seiner Gleichmäßigkeit und Ausgewogenheit viel eher die überschwänglichen Kommentare verdient hatte.

Klar, einige der verkosteten Weine schienen gelungener als ihr 2010er Pendant. Aber das waren Einzelfälle, zu denen etwa auch Château Gazin (Pomerol) gehörte. Am linken Ufer dagegen zeigten sich einige Weine deutlich schwächer als 2010, wie etwa Branaire-Ducru. Im Grunde ist unser Fazit recht einfach: Wer die großen Jahrgänge der großen Châteaux sucht, der sollte für die 2015er eher nach Saint-Émilion und Pomerol fahren. Bei den 2010ern ist er zwischen Pessac und Pauillac deutlich besser aufgehoben.