Wenn die Rede auf die großen Weinen der Toskana kommt, denken die meisten wohl an Namen wie Sassicaia, Solaia, Masseto, l’Apparita oder Pergole Torte, an Weine also, die in den Jahren des großen Erfolgs der Toskaner zum Ende des letzten Jahrhunderts zunächst oft als „Vini da Tavola“, also als Weine der niedrigsten Qualitätsstufe des italienischen Weingesetzes, vermarktet wurden. Da fiel in der (medialen) Wahrnehmung der eigentliche Klassiker der Toskana, der Chianti Classico aus dem Herzen der Region, gelegentlich ein wenig hinten ab.
Zu Unrecht, wie unsere Verkostungsresultate aus den letzten Jahrzehnten zeigen, die für den einen oder anderen „Classico“ mit einer Wertung als Traumwein endeten. Leider, so muss man sagen, folgte keiner der Erzeuger, die in der Vergangenheit derart hatten glänzen können, unserer diesjährigen Ausschreibung. Man vermutet zwar gelegentlich, dass Winzer, die einmal in Verkostungen schlecht abschnitten, spätere Proben (derselben Publikation?) gelegentlich meiden, aber irgendwie scheint das Gegenteil der Fall: Wer einmal sehr gut abgeschnitten hat, erachtet es möglicherweise nicht für notwendig, noch einmal teilzunehmen – vielleicht schätzt er das Risiko, nicht mehr ganz so gut abzuschneiden, als zu hoch ein.

Dennoch konnten wir über unsere Ausschreibung und zwei kleinere Veranstaltungen im Hamburg über 70 Weine verkosten – einige davon finden sich nur in unserer Datenbank, da es keine Chianti Classicos waren –, die nicht nur das gute Qualitätsniveau der Appellation unter Beweis stellten, sondern auch zeigten, dass der Chianti Classico nach langer Suche - Stichworte: Cabernet Sauvignon im Sangiovese, Barriqueausbau im neuen Holz, Chaos bei den Herkunftsbezeichnungen etc – so etwas wie eine stabile Identität gefunden hat.
Dem „Eisernen Baron“, Bettino Ricasoli, seines Zeichens Naturwissenschaftler und Agronom,, Pionier des Weinbaus der Toskana sowie zweimaliger Ministerpräsident des im 19. Jahrhundert neu vereinigten Italiens, der den Chianti Classico einst auf seinem Castello di Brolio aus Sangiovese, Canaiolo und Malvasia „entwickelte“, hätten die Weine, soviel kann man sagen, wohl sicher gefallen. Das umso mehr, als die Weine seines Castello ein ganz hervorragendes Gesamtbild abgaben.