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Deutschland, Rheingau, Assmannshäuser Höllenberg

Spätburgunder D

Deutschland Spätburgunder sind Weltklasse! So lautet jedenfalls einer der Lieblingssätze deutscher Winzer und Weinhändler, und auch viele Weinfreunde geben ihnen nur allzu gerne Recht. Unser Urteil, nach mehr als 250 deutschen Pinots, die wir in den letzten Monaten zu den verschiedensten Gelegenheiten verkosten konnten, fällt da allerdings etwas differenzierter aus.

Tatsache ist, dass wir bei diesen Verkostungen eine ganze Reihe herrlicher Weine entdeckten, und dass uns das Gesamtild der Jahrgänge 2007 bis 2009 deutlich mehr überzeugte, als das der österreichischen Blauburgunder, über die wir im November berichtet haben. Tatsache ist aber auch, dass der Abstand zu den besten Pinots aus dem Burgund noch immer recht deutlich ist, legt man einmal die Weine aus unserer letzten großen Burgundprobe zugrunde.

Nun könnte man argumentieren, dass zumindest teilweise unterschiedliche Jahrgänge (2006 & 2007) verkostet wurden, dass einige der großen Namen des deutschen Weinbaus keine Weine eingereicht hatten - das galt allerdings auch für die Franzosen -, und dass die deutschen Weine in der Regel erheblich preiswerter sind als ihre französischen Pendants. Alles richtig, aber es hat natürlich - neben der Geschichte und dem über Jahrhunderte aufgebauten Markenimage - immer noch seinen Grund, wenn die Burgunder Traum- oder Phantasiepreise (je nach Sichtweise) für ihre Weine verlangen können. Und dieser Grund heißt bei uns, dass wir im Burgund unter 278 Roten 38 Mal fünf Sterne verleihen konnten - in zwei Fällen sogar "rote" -, während wir das bei den etwa 250 deutschen Spätburgundern (50 von ihnen haben wir bereits im großen Franken-Report besprochen) "nur" 18 Mal schafften und selbst die Besten noch ein ganzes Stück von der Einstufung als "Traumwein" entfernt sind.

Aus Assmannshausen kam einer der Top-Spätburgunder unserer Verkostung (Foto: E. Supp)

Solche Vergleiche sind allerdings immer auch ein wenig geschichtslos, und wenn man sich vor Augen führt, wo die deutschen Spätburgunder herkommen (hell, dünn, süß, kurz), dann kann man die aktuellen Leistungen der deutschen Spitzenwinzer nicht genug würdigen. Dann ist sogar die Aussage berechtigt, dass deutsche Spätburgunder (fast) zur Weltspitze aufgeschlossen haben.

Deutsche Spitzenwinzer, das hieß noch vor wenigen Jahren fast ausschließlich "VDP-Mitglieder", aber diese Zeiten sind definitiv vorbei. Natürlich stammten immer noch einige unserer Siegerweine aus VDP-Betrieben, aber sehr viele eben auch nicht! Unter den 14 Erzeugern "unserer" Fünf-Sterne-Weine waren gerade mal noch fünf VDP-Mitglieder, und noch signifikanter ist vielleicht die Tatsache, dass auch einige der schwächsten Weine aus dem Renommierverband kamen. Was sich bereits in der Franken-Verkostung angedeutet hatte, zeigte sich bei den Spätburgundern erneut und fast noch drastischer: Die Musik spielt in Deutschland heute definitiv auch (!) außerhalb des VDP. Und das zu oft deutlich interessanteren Preisen. Das könnte eigentlich für den Verband Anlass genug sein, um von seinem hohen Ross herabzusteigen und sich einfach mal wieder gewaltig anzustrengen, aber diesbezüglich habe ich leider (noch) wenig Hoffnung.

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