Es war ein kurzes, fast hastiges Mittagessen, das ich im Herbst 1989, ein Ohr immer bei den Neuigkeiten zum Mauerfall in Deutschland, mit Álvaro Palacios im Trucker-Stop der Familie im Rioja-Gebiet einnahm. Die Hektik kam dabei trotz der politischen Aktualität nicht von mir, sondern von Palacios, der sich dann auch rasch verabschiedete. Er müsse dringend zu einem Termin in Madrid. Erst viel später sollte ich erfahren, das dieser Termin die Unterzeichnung eines Kaufvertrags über Weinberge in Katalonien zum Gegenstand hatte. Es war so etwas wie der Karrierestart einer Appellation, die bis dato in tiefem Dornröschenschlaf gelegen hatte und von Palacios, zusammen mit ein, zwei Kollegen wachgeküsst werden musste – des Priorat oder, wie die Spanier sagen, des Priorato.

Die Appellation, die aktuell nach Angaben des Weinbauverbands etwa 2.000 Hektar Rebfläche umfasst – vor zehn Jahren sollen es laut Wikipedia auch einmal 2.500 gewesen sein – und fast vollständig von den Weinbergen der D.O. Montsant eingeschlossen wird, liegt in den Bergen westlich der katalanischen Küstenstadt Tarragona. Kultiviert werden zu 90 Prozent rote Sorten wie Grenache/Garnacha, aber auch Tempranillo, Merlot, Cabernet Sauvignon und sogar Piinot noir, der Rest ist mit weißen Sorten wie Chenin Blanc, Grenache blanc, Pedro Ximénez und Viognier bestockt, die aber normalerweise kaum jemand „auf dem Schirm“ hat.
Wir hatten jetzt das Vergnügen, zwei Handvoll Rote und drei Weiße, vor allem aus den Jahrgängen 2020 bis 2022 zu verkosten, wobei die Roten mit wenigen Ausnahmen eine eher kühle Statistik zeigten, in jungen Jahren durch angenehme Säure akzentuiert. Der Fokus lag dabei eindeutig auf Eleganz und aromatischer Tiefe. Was die Qualitäten betrifft, bot sich ein außergewöhnlich geschlossenes Bild, wobei das allerdings angesichts der überschaubaren Anzahl Weine, die wir erhielten, nicht unbedingt zu verallgemeinern ist.